Der Bundesgerichtshof hat am 22.03.2024 – in zwei Verfahren – über die Voraussetzungen entschieden, unter denen die Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer beschließen können.
Folgende Sachverhalte lagen den Entscheidungen zu Grunde:
In einem Verfahren beschlossen die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der sog. Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind. Im zweiten Verfahren fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums eines Eigentümers auszutauschen und dazu eine Fachfirma zu beauftragen. Weiter beschlossen Sie, dass der Eigentümer – abweichend von der bisherigen Regelung – die Kosten des Fensteraustauschs alleine tragen solle.
In beiden Fällen hat der Bundesgerichtshof die Beschlüsse als rechtmäßig bewertet:
Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gilt auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden.
Den Wohnungseigentümern ist bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Beschließen die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie jeden Maßstab der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung einzelner führt. Vorliegend werden durch die getroffene Regelung nur die Teileigentümer der Doppelparker mit Kosten belastet, die auch einen Nutzen aus der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums an den Doppelparkern ziehen und denen die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich zugutekommt. Gleiches gilt sinngemäß für die im Bereich des Sondereigentums eines Eigentümers befindlichen Dachflächenfenster.
Nach dem BGH ist auch nicht zu beanstanden, dass keine Regelung für die Behandlung künftiger gleichgelagerter Fälle getroffen wurde. Die sog. Maßstabskontinuität muss beim ersten Beschluss über die Kosten einer einzelnen Erhaltungsmaßnahme nicht berücksichtigt werden. Ob und in welcher Art und Weise in Folgebeschlüssen die zuvor für eine einzelne Instandsetzungsmaßnahme beschlossene Änderung der Kostenverteilung zu berücksichtigen ist, ist im Rahmen der Folgebeschlüsse zu behandeln.
RA Peter Sänger