Fristlose Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit

Liegen die Voraussetzungen zur Einführung von Kurzarbeit vor, so kann der Arbeitgeber diese dennoch nicht ohne weiteres einseitig anordnen.

Hierfür bedarf es immer einer rechtlichen Grundlage. Oft ist eine solche im Arbeits- und oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zu finden. Ist dies jedoch nicht der Fall, so kann der Arbeitgeber Kurzarbeit grundsätzlich nur mit Einverständnis des Arbeitnehmers einführen. Wird eine solche verweigert, kam bis dato für den Arbeitgeber nur eine ordentliche Änderungskündigung in Betracht. Davon wurde in der Praxis jedoch häufig abgesehen, da die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen hierfür hoch und die Kündigungsfristen oft sehr lang sind. Zwar wurde die Möglichkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung bereits in der Vergangenheit von den Arbeitsgerichten als möglich erachtet, jedoch war für die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung unter anderem stets eine drohende Insolvenz oder Betriebsschließung und ein Sanierungsplan erforderlich.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat diese Voraussetzungen in seinem Urteil vom 22.10.2020 als nicht erforderlich angesehen. Die bei einer ordentlichen Änderungskündigung einzuhaltenden Kündigungsfristen seien dem Arbeitgeber im konkreten Fall nicht zumutbar gewesen. Als notwendige Voraussetzungen einer außerordentlichen Änderungskündigung sieht das Gericht zusätzlich zu den persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen zur Einführung von Kurzarbeit eine angemessene Ankündigungsfrist (mindestens drei Wochen), eine zeitliche Begrenzung der Kurzarbeit sowie die Ausschöpfung sämtlicher milderen Mittel durch den Arbeitgeber (wie der Versuch, eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer zu erzielen) an.

Damit erleichtert das Arbeitsgericht Stuttgart die Voraussetzungen einer außerordentlichen Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit für den Arbeitgeber enorm.

 

RA Josef Hollrotter