Erschütterter Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Wer in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Kündigung während der gesamten Kündigungsfrist der Arbeit aufgrund eingereichter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen fernbleibt, muss damit rechnen, dass er unter Umständen keine Entgeltfortzahlung beanspruchen kann.

Im entschiedenen Fall hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 02.05.2023) den Beweiswert der von der Arbeitnehmerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als erschüttert angesehen. Die Arbeitnehmerin hatte ein Kündigungsschreiben verfasst und darin u.a. um die Zusendung einer Kündigungsbestätigung und der Arbeitspapiere an ihre Wohnanschrift gebeten. Sie bedankte sich für die bisherige Zusammenarbeit und wünschte dem Unternehmen alles Gute. Ab dem Tag, auf den das Kündigungsschreiben datiert war, erschien die Arbeitnehmerin nicht mehr zur Arbeit und reichte durchgehend bis zum gekündigten Termin und damit genau für sechs Wochen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein.

Ähnlich hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (mit Urteil vom 08.03.2023) entschieden. Danach kann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich auch dadurch erschüttert werden, dass der Arbeitnehmer sich im Falle des Erhalts einer arbeitgeberseitigen Kündigung unmittelbar zeitlich folgend – postwendend – krankmeldet bzw. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreicht. Das gilt insbesondere dann, wenn lückenlos der gesamte Zeitraum der Kündigungsfrist – auch durch mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – abgedeckt wird.

RA Peter Sänger