Arbeitszeitbetrug (von „nur“ 10 Minuten) kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Dem vom Landesarbeitsgericht Hamm (am 27.01.2023) entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Arbeitnehmerin hatte an einem Tag ihren Arbeitsplatz für mindestens 10 Minuten verlassen, ohne das von dem Arbeitgeber installierte Zeiterfassungssystem zu betätigen, um in einem Café einen Kaffee zu trinken. Von dem Arbeitgeber nach ihrer Rückkehr darauf angesprochen, hat die Arbeitnehmerin zunächst geleugnet, während ihrer Arbeitszeit in dem Kaffee gewesen zu sein. Auch auf den Vorhalt des Arbeitgebers, dass er die Arbeitnehmerin persönlich in dem Café beobachtet habe, hielt die Arbeitnehmerin zunächst an ihrer Behauptung fest. Erst nachdem der Arbeitgeber darauf hinwies, dass er davon Fotos angefertigt habe, hat die Arbeitnehmerin ihr Vergehen eingeräumt.

Das Gericht hielt die daraufhin ausgesprochene fristlose Kündigung des Arbeitgebers für gerechtfertigt:

Entscheidend sei weder die Dauer des Arbeitszeitbetrugs, noch die Häufigkeit. Ein wichtiger Grund (i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB) kann grundsätzlich auch vorliegen, wenn es sich nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat, der nur zu einem geringen wirtschaftlichen Schaden geführt hat.

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers, gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und missbraucht der Arbeitnehmer wissentlich und vorsätzlich das dafür bereitgestellte Arbeitszeiterfassungssystem, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber.

RA Peter Sänger