Sittenwidrige Mithaftung aus einem Darlehensvertrag

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat die Mithaftung aus einem Darlehensvertrag als sittenwidrig und damit unwirksam eingestuft (Urteil vom 29.06.2023).

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Anfang 20-jährige Verkäuferin verdiente in einer Bäckerei monatlich ca. 1.300,00 € netto. Sie unterschrieb neben ihrem Freund einen Darlehensvertrag über rund 90.000,00 € mit einer monatlichen Rate von knapp über 1.000,00 €. Zwei Jahre später kündigte die Bank den Kreditvertrag, weil der Ex-Freund die Rate nicht mehr bediente. Sie stellte die Restforderung von rund 50.000,00 € fällig. Weil sie von dem Ex-Freund der jungen Frau das Geld nicht erhielt, verklagte die Bank die Frau.

Das Oberlandesgericht wies die Klage der Bank ab: Die Frau sei keine echte Darlehensnehmerin, sondern habe lediglich eine Mithaftung übernommen. Es handele sich daher um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Eine solche Abrede sei zwar möglich, im konkreten Fall aber wegen der Gesamtkonstellation und der offensichtlichen, krassen finanziellen Überforderung der Frau sittenwidrig und damit nichtig. Der Bank sei bei Vertragsschluss die emotionale Verbundenheit der Frau zu ihrem Freund bekannt gewesen, ebenso deren beengte finanziellen Verhältnisse, also die Tatsache, dass die Haftung die Frau finanziell ruinieren könne. Es widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn Banken eine solche Situation ausnutzen.

RA Peter Sänger