Coronabedingte Mietanpassung bei Gewerberäumen

Seit 31.12.2020 gilt die gesetzliche Vermutung, dass sich, falls Gewerberäume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, nach Vertragsschluss ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, schwerwiegend verändert hat.

Was bedeutet das?

Die Intension des Gesetzgebers (am 13.12.2020 fand eine Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer statt; am 17.12.2020 wurde das Gesetzespaket im Bundestag verabschiedet und tags darauf passierte es – ohne Wortmeldung oder Erklärung zu Protokoll – den Bundesrat) war eine Klarstellung dahingehend, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich eine Störung der Geschäftsgrundlage für ein Mietverhältnis bedeutet, allerdings daraus nicht grundsätzlich ein Anspruch auf Mietminderung folgt.

Nach dem ersten Lockdown von März/April 2020 kamen Streitigkeiten darüber auf, ob die erzwungene Schließung von angemieteten Gewerberäumen eine Störung der Vertragsgrundlage darstellt. Eine Vertragsanpassung wurde mehrheitlich abgelehnt. Ein Mangel der Mietsache wurde regelmäßig ebenso verneint wie eine Unmöglichkeit der vermieterseitigen Leistung.

Die nunmehr in Art. 240 § 7 EGBGB verankerte Regelung sieht die Vermutung der schwerwiegenden Veränderung eines Geschäftsgrundlagenumstandes vor, während zum normativen Element, nämlich der Frage der Unzumutbarkeit für eine der Parteien am unveränderten Vertrag festzuhalten, keine Aussage getroffen wird.

Wann im Einzelfall von einer Unzumutbarkeit für den Mieter auszugehen ist, bleibt strittig.

Eine Existenzgefährdung des Mieters wird wohl nicht erforderlich sein, andererseits liegt wohl keine Unzumutbarkeit vor, wenn der Mieter staatliche Hilfen bezieht oder beziehen könnte oder beispielsweise eine Betriebsunterbrechungsversicherung eintrittspflichtig ist.

Nicht gesondert geregelt hat der Gesetzgeber die Rechtsfolgen, so dass es insoweit bei der bislang bestehenden Regelung (§ 313 BGB) bleibt: Die Anpassung des Vertrages kann über eine Stundung oder Herabsetzung der Miete erfolgen; ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder nicht zumutbar, so hat der Mieter sogar das Recht auf Kündigung.

Sofern keine Besonderheiten des Einzelfalls entgegenstehen, ist von einer hälftigen Verteilung der mit der Pandemieabwehr einhergehenden Verwendungsrisiken von Gewerberäumen zwischen den Mietvertragsparteien auszugehen.

Zum Zeitraum regelt der Gesetzgeber in Art. 240 § 7 EGBGB nichts. Seine Vermutungsregelung knüpft an staatliche Maßnahmen seit Beginn der COVID-19-Pandemie an. Die Miete würde damit für den gesamten Zeitraum seit März 2020 in Frage stehen und könnte nachträglich herabgesetzt werden. Diese Rückwirkung wird bereits jetzt von Stimmen in der Literatur für verfassungswidrig gehalten, so dass die Neuregelung erst auf Mieten anzuwenden wäre, die nach dem 31.12.2020 fällig werden.

Flankierend zu der eben erwähnten Vorschrift wurde § 44 EGZPO eingeführt: Für Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVIG-19-Pandemie wird eine vorrangige und beschleunigte Behandlung vorgeschrieben.

Es bleibt abzuwarten, wie die Mietvertragsparteien mit der beschriebenen neuen gesetzlichen Regelung umgehen und ob die Gerichte die beschleunigte Behandlung dieser Verfahren umsetzen werden können.

 

RA Peter Sänger