Kündigung Schwerbehinderter in der Probezeit erschwert

Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 10.02.2022) kann es im Rahmen „angemessener Vorkehrungen“ (im Sinne der Europäischen Gleichbehandlungsrahmenlichtlinie 2000/78/EG) eine geeignete Maßnahme darstellen, einen Arbeitnehmer, der wegen des Entstehens einer Behinderung für seinen Arbeitsplatz endgültig ungeeignet geworden ist, an einen anderen Arbeitsplatz zu verwenden. Dies gilt insbesondere auch während einer vereinbarten Probezeit.

Allerdings weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Richtlinie den Arbeitgebern nicht dazu verpflichten kann, Maßnahmen zu ergreifen, die ihn „unverhältnismäßig belasten“. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang insbesondere der mit den Maßnahmen verbundene finanzielle Aufwand sowie die Größe, die finanziellen Ressourcen und der Gesamtumsatz der Organisation oder des Unternehmens und die Verfügbarkeit von öffentlichen Mitteln oder anderen Unterstützungsmöglichkeiten.

Im Übrigen stellt der Gerichtshof fest, dass die Möglichkeit, eine andere Person mit Behinderung an einem anderen Arbeitsplatz zu verwenden, jedenfalls voraussetzt, dass es zumindest eine freie Stelle gibt, die der betreffende Arbeitnehmer einnehmen kann.

Arbeitgeber haben somit auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses mit Schwerbehinderten, währenddessen der besondere gesetzliche Kündigungsschutz – noch – nicht greift, zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer ein anderer – freier Arbeitsplatz – zugewiesen werden kann.

RA Peter Sänger