Anscheinsbeweis von Einwurf-Einschreiben?

Das LAG Baden-Württemberg hatte (mit Urteil vom 17.09.2020) über die Frage zu entscheiden, ob der Arbeitgeber den Nachweis für den – vom Arbeitnehmer bestrittenen - Zugang eines Kündigungsschreibens erbracht hat.

Letztlich ist dem Arbeitgeber der sog. Beweis des ersten Anscheins nicht gelungen:

Nach der Rechtsprechung des BGH sowie der wohl herrschenden, aber nicht unumstrittenen Meinung, kommt dem Einwurf-Einschreiben dann Anscheinsbeweischarakter zu, wenn und soweit die beweisbelastete Partei sowohl den Einlieferungsbeleg als auch die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorlegt. Im entschiedenen Fall hat der Arbeitgeber neben dem Einlieferungsbeleg lediglich einen sog. Sendungsstatus vorgelegt. Diesen sah das Gericht als nicht ausreichend an, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs zu gründen.

Zur Erläuterung: Beim Einwurf-Einschreiben dokumentiert der Mitarbeiter der Deutschen Post AG den Einwurf der eingeschriebenen Sendung in den Empfängerbriefkasten mit einer genauen Datums- und Uhrzeitangabe. Der dabei gefertigte Auslieferungsbeleg wird in einem Lesezentrum zentral für Deutschland eingescannt, sodass die genauen Auslieferungsdaten zur Verfügung stehen. Das Original des Auslieferungsbelegs wird beim Scanvorgang zerstört. Jedoch kann der Absender anschließend gegen Gebühr einen Ausdruck des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs erhalten, auf dem Datum und Ort des Einwurfs sowie das Namenszeichen des Postmitarbeiters festgehalten sind. Davon zu unterscheiden ist der Sendungsstatus. Aus diesem geht weder der Name des Zustellers hervor, noch beinhaltet er eine technische Reproduktion einer Unterschrift des Zustellers.

Hinweis: Es ist daher dringend geboten, sich zeitnah nach dem Abruf der Sendungsverfolgung um die Beschaffung des reproduzierten Auslieferungsbelegs zu bemühen. Im Übrigen kann der Zugangsnachweis entweder durch eine Bestätigung des Erhalts des Schriftstücks (durch Unterschriftsleistung) oder durch die Überbringung per Boten, der dann als Zeuge fungiert, erbracht werden.

RA Peter Sänger