Widerrufsrecht für Verbraucher auch bei Lieferung und Montage eines individuellen Treppenlifts

Mit Urteil vom 20. Oktober 2021 hat der BGH entschieden, dass Verbrauchern bei Verträgen über die Lieferung und Montage eines individuellen Treppenlifts ein Widerrufsrecht zusteht.

In dem Urteil ging es um die Frage, ob einem Verbraucher ein vierzehntägiges Widerrufsrecht zusteht, wenn er einen Vertrag über die Lieferung und Montage eines sogenannten Kurventreppenlifts außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossen hat und für den Einbau individuell eine passende Laufschiene angefertigt und in das Treppenhaus des Kunden eingepasst werden musste. Bei dem Treppenlift handelte es sich daher um eine Maßanfertigung.

Grundsätzlich steht einem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein vierzehntägiges Widerrufsrecht zu. Gemäß § 312 g Abs. 2 Ziffer 1 BGB gilt dies jedoch nicht für Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

Der Unternehmer sowie die Instanzgerichte waren der Ansicht, dass im vorliegenden Fall ein Widerrufsrecht deshalb nicht gegeben sei, da es sich um einen solchen „Vertrag zur Lieferung von Waren“ handele und damit der eben genannte Ausschluss greife.

Zur Klarstellung: Verträge zur Lieferung von Waren sind Kaufverträge und sogenannte Werklieferungsverträge, nicht jedoch Werkverträge. Beim Werklieferungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen. Eine Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Werklieferungsvertrag ist schwierig. Hierbei kommt es darauf an, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des angestrebten Vertrags laut BGH nicht auf der Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werkes, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene sowie der Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Der individuelle Aufwand spricht jedenfalls für das Vorliegen eines Werkvertrages.

Aus diesem Grund nahm der BGH daher einen Werkvertrag an, so dass § 312 g Abs. 2 Ziffer 1 BGB nicht zur Anwendung kam und daher dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zustand.

RA Josef Hollrotter